Berthold Ebner
Führungskräftetrainer Leaders Academy
Lösen Sie als Chef die Probleme Ihrer Mitarbeiter?

Ihr Polier Max klopft kräftig an ihre halb geöffnete Bürotür, stößt diese auch schon mit einem wuchtigen Schwung auf: „Hallo Chef. Tschuldigung, das ich störe. Doch da musst du helfen: seit zwei Tagen nervt mich der Bauherr. Und allmählich weiß ich echt nicht mehr, wie ich mich verhalten soll.“
Sie schauen gehetzt auf die Uhr und erwidern: „Du, ich habe jetzt eigentlich gar keine Zeit. Aber leg mal los. Um was geht es?“
Genau jetzt treten Sie in den Fettnapf, von dem aus, es für Sie kein Zurück mehr gibt. Sie nehmen sich der Thematik Ihres Mitarbeiters an, hören der Schilderung seines Problems zu. Im Endeffekt lösen Sie vermutlich die Aufgabe für ihn.
Und was denkt ihr Mitarbeiter? “Also unser Chef, der hat einfach immer `ne Lösung parat. Klasse, dass ich mit meinen Problemen stets zu ihm kommen kann. Weil er diese dann ganz oft erledigt.“
Und genau das machen Sie als Chef: sie räumen den Aufgabenberg für Ihren Mitarbeiter weg. Sie übernehmen die Aufgabe: schnell, konkret und zuverlässig. Kommt Ihnen bekannt vor?
Lassen Sie uns das mal genauer betrachten: Wie schaut denn der Fettnapf im Detail aus?
Als Führungskraft lösen sie Probleme, machen nicht Ihre ureigenste Arbeit, sondern die ihrer Mitarbeiter.
Sie arbeiten so ganz nebenbei operational mit und schaffen sich dadurch weitere Probleme: ihre Mitarbeiter kommen immer wieder mit Themen zu ihnen. Statt diese selbst anzugehen und zu lösen.
Der Chef löst alle (schwierigen) Fälle selbst. Ihre Mitarbeiter übernehmen weder Kompetenz noch Verantwortung für das eigentliche Problem. Zudem suchen sie nicht wirklich nach eigenen, konstruktiven Lösungen. Denn die Mitarbeiter wissen ja: die beste aller Lösungen hat der Chef parat.
Und wie sieht es bei der nächsten Problemstellung aus? The same procedure…
So werden Ihre Mitarbeiter nie zu Mitdenkern. Sie als Chef bleiben stets der Feuerlöscher für Dringendes und es fehlt Ihnen an Zeit für Wichtiges!
Im Tagesgeschäft drängt oft der Faktor Zeit. Und ganz klar: Sie als Führungskraft erledigen das „Problem“ oft wesentlich schneller als Ihre Mitarbeiter. Doch hier gilt es zu erkennen, den Mitarbeitern die Aufgabe eben nicht abzunehmen. Tipps geben, unterstützen, Hilfestellung geben- wenn notwendig: ja.

Doch nehmen Sie Ihrem Mitarbeiter die Aufgabe nicht ab. Sehen Sie ihre Unterstützung als Investition in Ihren Mitarbeiter. Geben Sie ihm die Kompetenz zur Erledigung der Aufgabe und vermitteln Sie ihm vor allem, dass er es nun ist, der die Verantwortung dafür hat.
Zeigen Sie den wirklichen Sinn auf und erklären ihm nachdrücklich Ihre klare Erwartungshaltung. Ihr Mitarbeiter findet selbst heraus, dass es bei Ihnen als Chef künftig keine Lösungen mehr, sondern lediglich gezielte Hilfestellung zur Lösungsfindung gibt.
Dies zahlt sich mittel- bis langfristig definitiv für alle aus.
Hierzu 4 ganz konkrete Tipps:
1. Falls ihr Mitarbeiter mit einem Problem nicht alleine fertig wird, bringt er zum vereinbarten Gespräch künftig mindestens zwei mögliche Lösungen mit. Ihre Frage an den Mitarbeiter lautet stets: „Welche konkrete Lösung hast du dir selbst überlegt? Und welche noch?“
2. Erst wenn Ihr Mitarbeiter mindestens zwei Alternativen mitbringt, stehen Sie für ihn verfügbar: vorher schicken Sie ihn zur Erarbeitung derselben wieder weg. Ja weg. Das braucht Mut! Erst dann stehen Sie ihm verfügbar: nicht als Lösungs-Geber, sondern als Hinweis-Geber und Unterstützer.
3. Helfen Sie Ihrem Mitarbeiter durch gezielte W-Fragen eigenständig, die positiven und negativen Seiten seiner Lösungsvorschläge abzuwägen. Fragen Sie dann nach seinen Kriterien für eine möglichst gute Entscheidung. Geben Sie allerhöchstens einen Tipp oder Hinweis.
4. Die Entscheidung trifft ihr Mitarbeiter. Und hierfür übertragen Sie ihm auch die Verantwortlichkeit. Unterstützen Sie ihn dabei, indem Sie ihm einen Rahmen geben, innerhalb dessen er eigenverantwortlich Entscheidungen treffen kann.
Und ja – dadurch passieren Fehler. Die Sie beim ersten Mal tolerieren werden. Denn nur so lernt ihr Mitarbeiter sukzessive, wie er diesen Fehler künftig nicht noch einmal macht. Und dadurch wird er befähigt mehr und mehr Verantwortung zu übernehmen.
Damit Sie sich auf noch mehr Wesentliches konzentrieren können.